OZ-Artikel: "Mit einem Porsche über die Felder"

 

VON DENNIS SCHRIMPER

 

Mit einem Porsche über die Felder

porsche traktor

(von links: Renke Dierks, Marc Stöter, Finja Janßen, Jan Malte Franzen und Henk Oosterveld. Bild: Ortgies)


"Aus alt mach neu: Ein historischer Porsche-Traktor wird an der Oberschule Uplengen wieder flottgemacht. Die Arbeit verlangt nicht nur den Schülern einiges ab.

Remels - 60 Jahre nachdem er in Ludwigshafen vom Band gelaufen ist, kommt er ein wenig blass und unscheinbar daher – ganz nackt, ohne Karosserie. Vom markanten Rot ist nichts mehr zu sehen – der Sandstrahler hat dem Porsche-Traktor das letzte bisschen Farbe genommen. Das war ein wichtiger Schritt: Denn 14 Schüler der Oberschule Uplengen wollen dem Oldtimer neues Leben einhauchen und ihm neuen Glanz verleihen. Dafür musste der Lack erstmal ab.

Mehr als zwei Jahre ist es inzwischen her, dass der Trecker auf dem Schulhof in Remels abgeladen wurde. Damals hatte die Landmaschine noch Farbe – hatte ihren Zenit optisch aber schon deutlich überschritten und sprang auch nicht mehr an. Der Profilkursus Technik arbeitet seitdem zweimal zwei Stunden pro Woche daran, den Porsche wieder flott zu machen. Die Gruppe ist aktuell zusammengesetzt aus Zehntklässlern zweier Realschulklassen.

„Es war schon interessant, als der Trecker auf dem Hof stand. Den Kursus habe ich dann aus Neugierde gewählt“, erinnert sich der 16-jährige Jan Malte Franzen. Seine Mitschüler und er widmen dem Oldimer viel Herzblut, wenn sie an ihm herumschrauben – natürlich stilecht im Blaumann und in einer eigenen Werkhalle auf dem Schulgelände. Auf was sie und ihre Lehrer sich dabei eingelassen haben, hatte am Anfang aber wohl niemand von ihnen geahnt.

Der Traktor Porsche Junior 108 wurde in einer kurzen und einer langen Version in den Jahren 1957 bis 1960 gebaut. Das Modell in Remels (Baujahr 1959) hat einen Ein-Zylinder-Motor mit 14 PS aus 822 Kubikzentimetern Hubraum. Er hat sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge. Das Modell ist bei Freunden historischer Landmaschinen sehr beliebt.

Konrektor Klaas Krieger hatte den Traktor – einst ein Angebot auf Ebay-Kleinzeigen – 2016 mit einem Laster aus Gnarrenburg (Landkreis Rotenburg) abgeholt. Gesponsert worden war die Anschaffung von der Wiesmoorer Firma Faß & Eisenhauer Elektro- und Fernmeldebau GmbH. Das Unternehmen will die Maschine später zusammen mit der Oberschule nutzen. Zwar habe der Trecker optisch nicht viel hergemacht. „Wir wussten damals aber nicht, dass der Zylinderkopf gerissen ist“, so Krieger. Eine kleine Katastrophe. Nach einem Vierteljahr habe man die Maschine zwar einmal kurz zum Laufen gebracht. Der Zeitplan, in zwei Jahren fertig zu werden, musste aber über den Haufen geworfen werden. Die Schüler mussten die Maschine komplett auseinandernehmen.

Im Grunde sei der Porsche-Traktor eine „Blackbox“, man wisse nicht, was drinstecke, schmunzelt Krieger, der den Profilkursus Technik zusammen mit Lehrer Folkmar Schmitt leitet. Das Besondere: Auch als Lehrer müsse man dazulernen und „forschend entdecken“. Gemeinsam und auf Augenhöhe mit den Schülern arbeite man an der Problemlösung. „Man lernt Dinge, die man nicht geplant hat“, berichtet auch Schmitt. Auch wenn mal monotone Arbeiten wie Schleifen anstehen, den Schülern macht das Projekt Spaß. „Es ist toll, in der Schule mal was anderes zu machen. Das ist viel spannender als Chemie oder Mathe“, sagt die 15-jährige Finja Janßen.

Eine große Stärke dieses Projekts ist, dass es nicht nur die Schüler und Lehrer begeistert, sondern auch Firmen im Umfeld der Schule mobilisiert. „Das ist das Schöne“, betont Krieger. Viele Unternehmen böten ihre Hilfe an – sei es beim Beschaffen von Ersatzteilen oder beim Bereitstellen von Werkzeugen. Als wertvoll erwies sich diese Unterstützung zum Beispiel, als es darum ging, Farbreste und Schmutz vom Traktor zu entfernen. Mit Drahtbürste und Schleifpapier kamen die Schüler bei dieser mühseligen Arbeit nicht weit. Dann stellte eine Firma ihren Sandstrahler zur Verfügung.

Die Auseinandersetzung mit dem Traktor trägt Früchte. „Jeder kann etwas mitnehmen – auch derjenige mit wenig Vorkenntnissen“, ist Folkmar Schmitt überzeugt. Sogar zur Berufsorientierung trägt die Arbeit an der Maschine bei: Melktechniker, Mechatroniker, Metallbauer und Informationselektroniker nennen einige der Schüler inzwischen als Berufswünsche. Als eines mehrerer Großprojekte brachte der Traktor der Oberschule Uplengen 2018 den Titel Mint-Schule ein. Damit wurde ihr Engagement in den Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ausgezeichnet.

Die Fertigstellung des Traktors werden die aktuellen Teilnehmer des Kurses wohl nicht mehr aktiv miterleben – ab dem kommenden Schuljahr sollen sich die nachrückenden Neuntklässler des Porsche annehmen. Eines Tages soll er der Schule als Anschauungsobjekt dienen, beim Rasenmähen zum Einsatz kommen und auf Veranstaltungen präsentiert werden. Bevor es für die Maschine zum Lackierer geht, richtet sich alle Aufmerksamkeit auf den Motor. In vier bis fünf Wochen, so hofft man, soll er laufen. Wenn nicht, ist das auch kein Weltuntergang. „Dann wird weitergetüftelt“, sagt Jan Malte Franzen."

 

Quelle: OZ-online - https://www.oz-online.de/-news/artikel/569007/Mit-einem-Porsche-ueber-die-Felder